Kanzelrede am Reformationstag mit Christoph Bals von Germanwatch und seiner Frau Christiane im Rahmen der Wochen zur Demokratie in der evangelischen Stadtpfarrkirche zum Thema „Lust auf Zukunft“. Anhand von vier Thesen des italienischen Energieexperten Matteo Leonardi beschrieben die beiden das Ende der fossilen Energie- und Wärmeerzeugung. „Die elektrische Zukunft hat schon begonnen.“ Markus Schlesak sorgte mit seinem E-Bass für den musikalischen Rahmen und gute Stimmung.
Christoph Bals (li), der vom 10. bis 21. November zur 30. Weltklimakonferenz ins brasilianische Belem reist, ist gespannt, mit welchen Druckmitteln die USA versuchen werden, die Teilnehmer:innen einzuschüchtern. Eine weitere Frage ist, ob sie entgegen ihren Ankündigungen doch teilnehmen werden, nur um zu blockieren. Zusammen mit seiner Frau Christiane Bals (Mitte) hielt er die Kanzelrede in der Stadtpfarrkirche. Dekan Jochen Wilde (re) moderierte die anschließende Diskussion im Evangelischen Zentrum.
Reformation mal ganz anders und doch gut lutherisch - so könnte man die Kanzelrede zusammenfassen, die am Reformationstag in der vollbesetzten Stadtpfarrkirche St. Matthäus stattfand. Als Martin Luther im 16. Jahrhundert die Reformation in Gang brachte, herrschte Endzeitstimmung. Auch heute im 21. Jahrhundert, sei überall „von Katastrophen, Krisen und Kipppunkten die Rede“, sagte Dekan Jochen Wilde in seiner Begrüßung und fragte: „Gibt es Hoffnung?”
Das Ehepaar Bals bei der gemeinsamen Kanzelrede in St. Matthäus.
Ja, antworteten Christiane und Christoph Bals in der Stadtpfarrkirche. Ein „Weiter so“ wird es nicht geben, das wissen wir alle. „Das 'Weiter so' zerstört das 'Weiter so.'“ Ein Paradoxon. Gerade haben wir die 1,5-Grad-Schwelle bei der Klimaerwärmung überschritten und damit die für unsere Existenz sichere Klimazone verlassen. Die Entscheidungen, die wir jetzt treffen und die Maßnahmen, die wir jetzt umsetzen, werden sich über Tausende von Jahre hinweg auswirken.
Bassist Markus Schlesak mit "What a Wonderful World" von Louis Armstrong in der Stadtpfarrkirche.
In vier Thesen beschreibt der Energieexperte und Vordenker Matteo Leonardi die Situation
Wie das Ehepaar Bals berichtet, hat sich seit dem Pariser Klimaabkommen weltweit eine „Energie-Revolution“ in Richtung Klimaschutz entwickelt. "Erneuerbare Energien und Elektrifizierung sind auf der Gewinnerstraße." 92 Prozent der weltweit neu hinzugebauten Stromkapazität stammen vor allem aus Solar- und Windenergie.
Erstmals seit der industriellen Revolution rechnet sich das fossile Geschäftsmodell nicht mehr. Erneuerbare Energien sind inzwischen kostengünstiger. Die fossilen Konzerne und Staaten geraten ins Straucheln. Selbst in den USA unter Trump schlägt die Marktwirtschaft die Ideologie.
Laut dem Ehepaar Bals versucht Trump gemeinsam mit Russland, Saudi-Arabien, Katar und mithilfe von Multimilliardären, das fossile Geschäftsmodell mit allen Mitteln zu verlängern. Dafür seien diese auch bereit, die Demokratie zu opfern. Das erleben wir gerade in den USA. Inzwischen ist China zur zweiten Großmacht und zum Vorreiter der Elektrifizierung geworden, während die USA zum größten Ölstaat wurden. Das führt zu großen Spannungen.
Den beiden macht Mut und gute Laune, dass die „Energie-Revolution“ nicht mehr aufzuhalten sei und an Fahrt gewinne. „Es dauert nicht mehr lange, dann werden die Gegenreaktionen abklingen.“ betonte Christiane Bals in der Kanzelrede. Ein Hinauszögern des Klimaschutzes könne uns aber gefährlich auf die Füße fallen. Untersuchungen zufolge sei weltweit die Mehrheit der Menschen für erneuerbare Energien und Klimaschutz. Irrigerweise glaubten jedoch viele das Gegenteil.
Noch haben wir den Luxus technisch viel durch Elektrifizierung zu lösen
Winfried Helm (rer) von Wochen zur Demokratie Passau überreichte den Ehepaaren Christoph und Christiane Bals (li) sowie Astrid und Jochen Wilde (Mitte) je einen Schirm mit dem Logo des Vereins.
In der anschließenden, sehr lebendigen Diskussion im Evangelischen Zentrum berichteten die Bals von ermutigenden Projekten über die leider viel zu wenig berichtet wird. Es lohne sich jetzt, um jedes Zehntel-Grad weniger Klimaerwärmung zu kämpfen, um die Risiken irreversibler Kipppunkte, wie das Abschmelzen von Eisschilden oder das Absterben von Regenwäldern zu minimieren. „Wir sind mehr und wir haben gute Chancen“, das Tauziehen zwischen fossiler Profitgier und einer noch lebenswerten Zukunft für alle Menschen zu gewinnen.